Stefan Roock

All About Agile and Lean

Commitment und Responsibility


Eines der umstrittenen Konzepte in Scrum ist das des Commitments. Früher hat sich das Team im Sprint Planning auf den Sprint committed. Heute gibt es „nur“ noch eine Vorhersage (Forecast) darüber ab, wieviel es im Sprint schaffen wird. Einige sagen, dass sich das Team trotzdem weiterhin auf das Sprintziel committed. Unstrittig ist, dass Commitment einer der Scrum-Werte ist, der inzwischen auch offiziell im Scrum-Guide festgeschrieben ist.

Commitment ist also nach wie vor ein wichtiger Bestandteil von Scrum, aber irgendwie anders als früher. Wie ist das jetzt wirklich gemeint? Das kann alles sehr verwirrend sein. Und es wird nicht einfacher dadurch, dass es keine gute deutsche Übersetzung für „Commitment“ gibt. Einige versuchen es mit „Verpflichtung“.

„Verpflichtung“ geht meiner Meinung nach genau in die falsche Richtung (siehe unten), aber dennoch kann uns diese Übersetzung nützen. Denn wenn wir „Verpflichtung“ zurück ins Englische transferieren, ist „Obligation“ eine valide Übersetzung.

Und „Obligation“ findet sich auch im Responsibility Process(tm) von Christopher Avery. Dieser definiert fünf Stufen, die wir durchlaufen, bevor wir vollständig in Verantwortung handeln. Zunächst ignorieren oder leugnen wir ein Problem mitunter (Denial). Danach geben wir jemand anderem die Schuld (Lay Blame), dann den Umständen (Justify) und uns selbst (Shame). Danach kommen wir in Handlung. Zunächst, weil wir uns verpflichtet fühlen (Obligation). Im Gegensatz zu den anderen Stufen sind wir jetzt handlungsfähig, wir nutzen unser kreatives Potenzial aber noch nicht aus. Das tun wir erst, wenn wir uns die Situation zu eigen machen und vollständig in Verantwortung gehen (Responsibility).

Das, was Scrum mit Commitment meint, ist Responsibility: Das Team nimmt die Aufgabe voll und ganz in Verantwortung; nicht weil es jemand von ihnen erwartet, sondern weil sie die Aufgabe gestalten wollen.

Das häufig als dysfunktional wahrgenommene rituelle Commitment auf den Sprint entspringt eher Obligation: einem Gefühl, sich verpflichten zu müssen.

Mit Commitment ist also nichts verkehrt, wenn es im Sinne von Responsibility stattfindet und es ist mit Commitment alles verkehrt, wenn das Team bei Obligation hängen bleibt.

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